Aus Raspberry Pi Geek 08/2021

Raspberry Pi OS und Debian im Vergleich

© Computec Media GmbH

Die Qual der Wahl

Axel Beckert und Frank Hofmann

Pi OS und Debian für den RasPi scheinen auf den ersten Blick gleich, unterscheiden sich aber in einer Reihe von Details – praktisch, technisch und in Bezug auf die Philosophie.

Bei einem oberflächlichen Blick auf Debian [1] und Raspberry Pi OS [2] gleichen sich beide Systeme in weiten Teilen: eine auf Debian basierende Distribution für den RasPi mit etwa vergleichbarer Paketauswahl. Unter der Oberfläche zeigen sich allerdings feine Unterschiede, die selbst für Experten nicht immer leicht zu erkennen sind. Wir geben Ihnen hier eine Entscheidungshilfe mit auf den Weg, die Ihnen beim Einsatz auf RasPis hilft.

Debian dient als Basis für etliche weitere populäre Distributionen – Ubuntu, Knoppix, Linux Mint, MX Linux, Kali Linux, Grml sowie Raspbian und Raspberry Pi OS [3]. Mittlerweile gibt es sogar inoffizielle Images mit Debian für den RasPi [4].

Warum also noch Pi OS benutzen? Und warum heißt es eigentlich nicht mehr Raspbian? Oder doch noch? An dieser Stelle gilt es, ein klein wenig auszuholen und in die recht abwechslungsreiche Geschichte von Raspberry Pi OS und Raspbian einzutauchen.

Rückblick

Im Jahr 2011 tauchten die ersten Nachrichten über den Raspberry Pi auf, die initialen Prototypen machten die Runde. Kurz vor dem Release des RasPi entschieden sich mehrere Distributionen, darunter Debian und Fedora, auf eine bestimmte Menge an minimalen Prozessoreigenschaften für eine einheitliche Armhf-Architektur zu setzen. Unter anderem war eine ARMv7-CPU und die Vector-Floating-Point-Technologie (VFP [5]) in Version 3 notwendig.

Unglücklicherweise ist die CPU des Raspberry Pi 1 nur eine ARMv6-CPU [6] mit der für diese CPUs optionalen VFP Version 2 [7]. Somit liefen für den damals jungen Armhf-Standard kompilierte Distributionen trotz Floating-Point-Unterstützung in der Hardware nicht auf dieser ersten Variante.

Erst im Februar 2012 [8] stand das erste offiziell von der Raspberry Pi Foundation zum Herunterladen angebotene Dateisystemabbild für den RasPi bereit. Es war ein Image von Debian 6 „Squeeze“, noch mit der Armel-Architektur. Die Beschreibung klang aber mehr nach einem Machbarkeitsnachweis.

Im März 2012 gab die Raspberry Pi Foundation einen anscheinend recht gut ausgearbeiteten Fedora-Remix als Betriebssystem für den Raspberry Pi [9] zum Download frei, und es schien, als wäre dies nun das primäre Betriebssystem für den Mini-PC. Dieses Image hatte sehr wahrscheinlich eine nicht auf den RasPi optimierte Architektur.

Geburtsstunde

Irgendwann um diese Zeit herum muss der heutige Debian-Entwickler Peter plugwash Green so genervt von der Performance der Linux-Images auf dem RasPi gewesen sein, dass er das Raspbian-Projekt aus der Taufe hob. Dieses Projekt nimmt alle Pakete von Debian und baut sie mit leicht veränderten Compiler-Einstellungen für den Raspberry Pi 1 (und später den Pi Zero) optimiert neu.

Wie erwähnt, lief Debians Armel-Architektur zwar auf dem RasPi (und tut es heute noch), hatte und hat aber keine Optimierungen für Fließkommaberechnungen in Hardware wie die Armhf-Architektur von Debian. Das „hf“ steht für Hardware Floating Point, also auf Deutsch Hardware-Fließkomma. Messungen ergaben, dass sie deswegen (je nach Anwendung) etwa um den Faktor drei langsamer arbeitet.

Die Raspberry Pi Foundation nahm recht bald vom Raspbian-Projekt Notiz. Schon im Juli 2012 äußerte sie die Hoffnung, bald ein Image auf Basis des Raspbian-Projekts anzubieten [10]. Die Performance sei viel besser als alles, was bisher bereitstehe, da das System auf einer auf den Raspberry Pi 1 zugeschnittenen Rekompilierung der Armhf-Architektur basiere.

Das Ergebnis war die heute noch gültige Aufteilung der Distributionsarbeit des Raspbian-Projekts und der Raspberry Pi Foundation: Das Projekt rekompiliert alle Debian-Pakete, sodass sie auf dem RasPi 1 und Pi Zero laufen. Die Foundation kümmert sich um die Images und den (ursprünglich noch stark gepatchten) Kernel. Zudem stellt sie über ihr eigenes Apt-Repository weitere Software und Backports bereit.

Standard-Kernel

Zeitsprung ins Jahr 2018: Der offizielle Mainline-Kernel lief nun ohne weitere Änderungen direkt auf dem Raspberry Pi. Das ebnete den Weg, um den Standard-Debian-Kernel auch auf dem RasPi zu nutzen [11]. Das klappt seit Debian 10 „Buster“, das im Juli 2019 veröffentlicht wurde.

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